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Propaganda — getarnt als Wissenschaft

Dass auch Wissenschaft nicht frei von Scharlatanerie ist, ist bekannt. Dass aber ein großer Teil gerade der medizinischen Publikationen tendenziös sind, das glaubt man nicht so gerne.

Die Skandale der letzten Zeit sprechen jedoch dafür, dass vieles schief läuft beim Geschäft mit der wissenschaftlichen Publikation.

Der jüngste Fall, gekaufte Artikel zur Bagatellisierung der Nebenwirkungen der Hormonersatztherapie für Frauen in den Wechseljahren:

Allgemein kann festgestellt werden, dass immer häufiger Wissenschaft nach Interessanlage betrieben und publiziert wird. Das ist schade für alle, die ehrlich ihre Profession betreiben, denn auf Dauer führen diese Skandale zum Vertrauensverlust in die Wissenschaft schlechthin.

Neben der Pharmalobby betreibt die Milchlobby seit ein paar Jahren aggressives Milchkonsummarketing im Gewand scheinbar wissenschaftlicher Studien.

Neuester Fall, die israelische Studie zum angeblichen Abnehmen mit Milch.

Da hieß es in deutschen Publikationen: Milch verstärkt Diäterfolg

Milch macht schlank

Auch die englisch–sprachigen Medien berichteten fleißig, was aber — im Gegensatz zu Deutschland — in Großbritannien die nationalen Gesundheitsverantwortlichen des NHS (national health service) auf den Plan rief. Die veröffentlichten umgehend einen Verriss der Studie um Schlimmes zu verhüten.

Ihr Resüme: Die Studienergebnisse ergeben keinen Nachweis dafür, dass Milchkonsum einen direkten Effekt auf die Gewichtsreduktion hat.

Zwischen den Zeilen gelesen, wird die Studie als unseriös eingestuft. Daher auch die umfangreiche, kritische Stellungnahme.

Ohne auf Einzelheiten der Kritik einzugehen, seien 3 Punkte herausgegriffen, die die Studie als Tendenzstudie entlarven.

1. Die Studie wurde vom israelischen Dairy Council, also der israelischen Milchindustrie co-finanziert.

2. Es handelt sich nicht um eine Originalstudie, sondern um die nachträgliche Auswertung einer Studie, die im Original nur 3 verschiedene Diätarten — keine davon eine Milchdiät — auf ihren Abnehmerfolg hin überprüfte. Aus den Daten der Originalstudie wurden Berechungen zur Aufnahme von Milch, Kalzium und Vitamin D durchgeführt. Aus diesen Berechnungen wurde abgeleitet, wie Milch– und Kalziumaufnahmen angeblich den Vitamin–D–Spiegel und den Abnehmerfolg der Probanden beeinflußt hätten.

Das Ergebnis war, dass höhere Kalziumspiegel aber besonders höhere Vitamin–D–Spiegel entscheidend zum Abnehmerfolg der übergewichtigen Probanden beigetragen hätten.

Dieses, für Experten vorhersagbare Ergebnis wurde propagandistisch so aufbereitet, dass am Ende daraus der Daily Express "2 Gläser Milch täglich helfen Dein Gewicht zu reduzieren — Two glasses of milk each day will help [you] lose weight"

machte und auf deutsch:"Milch macht schlank" werden konnte.

Also wird absichtsvoll der Eindruck erweckt, als könne jedermann und jedefrau über Milchkonsum ein paar Pfunde verlieren. Tatsächlich, und jetzt kommen wir zu Punkt 3, waren in der Originalstudie nur übergewichtige Probanden engagiert, die bekanntlich bei jeder einigermaßen vernünftigen Diät mit Diätkontrolle, abnehmen.

Mittels propagandistischer Ausschlachtung dieser Studie werden so Äpfel mit Birnen verglichen. Wir sind beeindruckt, weisen aber darauf hin, dass es sich bei den Presseveröffentlichungen um plumpe, unwissenschaftliche manipulative Meinungsmache handelt, denen sich offensichtlich bedauerlicherweise einmal wieder Wissenschaftler zur Verfügung gestellt haben.

Was sonst noch geschah:

Greenpeace darf Gen–Milch weiterhin Gen–Milch nennen.

Milch, die von Kühen stammt, die genmanipuliertes Futter erhalten haben, darf mit dem Segen des Bundesverfassungsgerichts als Gen–Milch bezeichnet werden.

Wir begrüßen diese Entscheidung, die der Meinungsfreiheit weiteren Freiraum lässt!

Jeden Monat gibt es neue Enthüllungen über Melamin verseuchtes Milchpulver, das in China beschlagnahmt wird.

Neu ist, dass auch international bekannte Firmen Milchpulver nach Afrika geliefert haben, das mit hohen Melaminkonzentrationen belastet war.

Wir fragen uns, warum wir das aus Studien erfahren und nicht aus der Presse?

Letzte Änderung am 04.12.2011

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