Milchflasche mit schwarzer Milch milchlos.de Titelseite des Buches zur Milch

Zum Menu

Das Patent auf Milchkühe
oder
wie die Krake sich in die Tierzucht ausbreitet.

Anfang März 2010 wurde beim Europäischen Patentamt in München die Kuh verhandelt.

In 2007 war Wissenschaftlern ein Patent auf bestimmte Kuh-Gen-Sequenzen samt eines Testverfahrens zum Nachweis dieser Gene im Erbgut von Kühen erteilt worden. Die patentierten Gen-Sequenzen sind nach Auffassung der Wissenschaftler für eine höhere Milchleistung verantwortlich.

Das Patent bezieht sich zunächst (siehe unten) nicht auf Kühe, die unter "normalen" Umständen das Licht der Welt erblicken, sondern nur auf solche Kühe, die mit den Patent-Genen gentechnisch manipuliert wurden, sogenannte transgene Tiere. Es gilt auch für alle Nachkommen dieser transgenen Tiere.

Gegen dieses und andere ähnliche Patente gibt es breiten Widerstand in der Bevölkerung vieler Länder, da es sich im Prinzip um ein Patent auf Leben handelt, das eigentlich nicht patentierbar sein sollte.

Viele Nicht-Regierungsorganisationen (NGO's) legten Widerspruch gegen die Erteilung des Patents ein.

Dieser wurde im März verhandelt und abgewiesen.

Gegen diese Abweisung kann Beschwerde eingelegt werden. Bis darüber entschieden ist, können noch Jahre vergehen.

Letztlich wird nur Druck aus der Bevölkerung auf die verantwortlichen Politiker zum Ziel führen. Die müssten sich endlich klar gegen Patente auf Leben bzw. auf unsere Lebensgrundlagen entscheiden und dies auch so in ihre Gesetze schreiben.

Das Problem

Nach den entsprechenden Gesetzen und auch nach der Patent-Tradition sind nur Erfindungen, die eine Neuheit darstellen patentierbar. Bei lebenden Organismen, also Pflanzen, Tieren, Menschen mit ihren jeweiligen genetischen Anlagen ist das nicht der Fall. Sie existieren schon lange und sind keine geistige Erfindung von irgendjemand. Ihre spezifischen Eigenschaften können zwar entdeckt werden, wie im Fall der Kuh, so dass bestimmten Genen bestimmte Eigenschaften, wie eine höhere Milchleistung, zugeordnet werden können. Aber eine Erfindung stellen sie letztlich nicht dar.

Mittlerweile wird der Patentschutz jedoch nicht nur Erfindungen rsp.Neuheiten zuteil, sondern auch Entdeckungen und den Verfahren mit denen diese Entdeckungen gemacht werden; auch den technischen Verfahren, mit denen das Vorhandensein dieser Entdeckungen überprüft werden können.

So geht die Tendenz dahin, den Begriff der Erfindung immer weiter auf den Bereich der Entdeckungen auszudehnen.

Im Fall von lebenden Organismen ist das äußerst problematisch, weil wir über kurz oder lang mit den verschiedensten Patenten auf Gene von Pflanzen, Tieren und Menschen und Teilen von diesen konfrontiert werden.

Auch wenn sich die Patente expressis verbis nur auf die gentechnisch veränderten Organismen und ihre Nachkommen beziehen, sind schon nach kurzer Zeit Vermischungen zwischen gentechnisch veränderten Organismen und konventionellen Organismen anzutreffen. Dies gilt sowohl für Pflanzen, als auch für Tiere. Es gibt keine praktikablen Regelungen, wie damit umgegangen werden kann. Da das Aufspüren von spezifischen Gensequenzen in der Tat nur Entdeckung ist, die einzig und allein aus dem Bestand der konventionellen Organismen herrührt, wird es transgene Organismen neben konventionellen und Mischorganismen immer gleichzeitig geben.

Da die Überprüfungsverfahren, ob in einem Organismus die spezifischen patentierten Gene enthalten sind, in der Regel auch patentiert werden, können die Patentinhaber - Kraken gleich - ihren Patentanspruch auch auf konventionelle Organismen mit denselben spezifischen Merkmalen wie die Geschützten, ausdehnen. Gleiches gilt für Mischorganismen, die quasi aus Versehen entstehen, was bei Pflanzen sehr häufig der Fall ist.

Bei den Nutztieren, die seit Jahrzehnten schon auf Leistung gezüchtet wurden, ist der überwiegende Teil der konventionellen Tiere natürlicherweise mit den patentierten Genen ausgestattet.

Da Nachkommen von transgenen Tieren ebenfalls dem Patentschutz unterliegen, wird Samen, der in konventioneller Zucht benutzt wird, bald von transgenem Erbmaterial infiltriert sein. Das lässt sich bei weltweit gehandeltem Samen kaum verhindern. Eine Unterscheidung von lizenzfreien konventionellen Tieren mit spezifischen Eigenschaften, die einem Patent unterliegen und Nachkommen von transgenen patentgeschützten Tieren, wird nicht mehr möglich sein. Das liegt im Interesse der Patentinhaber, die ja über die Patente für die Nachweisverfahren verfügen. Letzlich werden sämtliche Tiere mit patentgeschützten Eigenschaften, egal ob aus transgener oder konventioneller Zucht dem Patentschutz unterworfen werden.

So wird sich auch in der Tierzucht, ähnlich wie in der Pflanzenzucht beim Saatgut, eine allgemeine Lizenzpflicht an die Biotechunternehmen einschleichen.

Das, was Allmende ist, also das, was seit Jahrtausenden gesammeltes und erfahrenes Menschheitswissen ist, die Zuchterfolge unserer bäuerlichen Vorfahren, die im Prinzip jedem frei zugänglich sein sollten, wird durch die Patente auf Gene lebender Organismen einigen wenigen international agierenden Biotech-Firmen zur Verwertung übereignet.

Aber damit nicht genug. Die Saatgut- und Tierzucht-Multis gehen dazu über, sich konventionelle, erprobte Zuchtverfahren - ohne Gentechnik - patentieren zu lassen! Die Patentbehörden spielen mit.

Und es geht noch weiter.

Neuerdings werden auch die Endverbrauchsprodukte, die aus patentierten Organismen oder Zuchtverfahren hergestellt werden, unter den Patentanspruch gestellt, wie z. B. Fleisch, Milch, Butter, Käse, Soja-Milch, Tofu u.s.w.

Daran lässt sich erkennen, dass es höchste Zeit ist, dass die Betroffenen und die Politik sich dieses Themas annehmen.

Denn es besteht keinerlei Notwendigkeit für Leistungssteigerungen im Nutztierbereich. Das, was physilogisch möglich ist, ist in jeder Tierart schon längst auf konventionellem Wege ausgereizt.

Bei Kühen, sind 10.000 kg Jahresleistung Milch, kaum mehr zu steigern. Das holt man aus Tieren heraus, die vor 50 Jahren noch durchschnittlich 2500 kg Milch im Jahr gegeben haben!

Deshalb erbringt jenseits aller rechtlichen Problematik, die gentechnologische Veränderung von Nutztieren zur Leistungssteigerung für die Allgemeinheit keinen Zusatznutzen. Sie dient allein den Interessen von Wissenschaftlern und den Ihnen verbundenen Biotechmultis, die damit Lizenzen generieren.

Unabhängig von ethischen Gesichtspunkten, sondern rein aus ökonomischen, sollten wir verhindern, dass unsere Lebensmittelerzeugung nicht weiter in die Abhängigkeit von Lizenzinhabern getrieben wird. Das geht nur noch auf einem Wege:

Sich klar und deutlich gegen Patente auf Leben aussprechen!

Der Aufruf "Kein Patent auf Leben!" kann hier unterschreiben werden.

Kurz nach Fertigstellung dieser News berichteten die Zeitungen darüber, dass ein amerikanischer Richter gegen die Patentierbarkeit von Genen entscheiden hat. Die Begründung: DNA-Sequenzen sind keine Erfindung. Auch in den Gen-Patent freundlichen USA kann es also zu einer Revision kommen.

Information

Mündliche Verhandlung zum "Milchleistungsverfahren" vor dem Europäischen Patentamt

Einspruch gegen Patent auf Milchkuh

greenpeace.de: Erteilte Patente auf Leben in Europa 1980 - 2004

greenpeace.de: Politik & Recht

greenpeace.de: Patente auf Leben

Letzte Änderung am 04.12.2011

©2003 - 2013