Es ist lange bekannt, dass Melatonin, das auch als das Schlafhormon bezeichnet wird, eine antikanzerogene Wirkung hat.
Die verschiedenen Mechanismen, die dahinter stecken, werden in einer neuen Studie der Tulane Universität (New Orleans, USA) ausführlich dargestellt.
Insbesondere die Tatsache, dass Melatonin und der Melatonin-Rezeptor (MT1) offensichtlich auf diversen Wegen die Tumorabwehr anstoßen, ist von großem Interesse.
Integr Cancer Ther. 2009 Dec;8(4):337-46.
Molecular mechanisms of melatonin anticancer effects.
Medline PMID 20050373
Durch diese Studienergebnisse wird deutlich, wie wichtig Melatonin für ein gesundes Leben ist. Der menschliche Körper produziert selbst in ausreichendem Maße Melatonin. Eine Zuführung von außen ist nicht nötig. Daher muss eine dauerhafte und lang anhaltende Störung in der Melatoninsynthese durch Umweltweinflüsse - zu wenig oder zu viel Melatonin - als Gesundheitsrisiko angesehen werden.
Der bekannteste und häufigste Störmechanismus ist Helligkeit oder Wachheit anstelle von natürlichem Schlaf. Auf diesen Umweltfaktor als Störer der Melatoninproduktion im menschlichen Körper sei hier besonders hingewiesen. Denn die richtige Balance zwischen Wachheit/Helligkeit und Schlaf, kann jede/r selbst beeinflussen.
Melatonin wird bei Dunkelheit im Körper freigesetzt.
Das hat zur Folge, dass dann die zirkulierenden IGF-1-Werte fallen und bei Helligkeit wieder steigen.
Der Insulin ähnliche Wachstumsfaktor (= insulin like growth factor – IGF-1) ist eines der stärksten und mächtigsten Wachstumshormone im menschlichen Organismus, der seinen Beitrag zum Tumorwachstum leistet.
Setzt der Körper dauerhaft zu wenig Melatonin frei, steigen die IGF-1-Werte an. Dadurch erhöht sich das Risiko einer Tumorerkrankung.
So ist bekannt, dass blinde Frauen seltener an Brustkrebs erkranken als sehende Frauen.
Und, Menschen, die aus beruflichen Gründen einem gestörten Nacht- und Tagrhythmus und längeren Lichtzeiten als im Normalfall ausgesetzt sind, wie z.B. bei Nachtarbeit, Schichtarbeit und auf Langstreckenflügen, haben einen gestörten Melatoninhaushalt, mit den beschriebenen Risiken.
Dauerhaft zu viel Melatonin kann dagegen zu Depressionen führen.
Obwohl Mensch und Tier in ihrer Physiologie unterschiedlich sind, scheint es doch so zu sein, dass Melatonin sowohl im Säugetierorganismus als auch im menschlichen Organismus im wesentlichen dieselben Funktionen wahrnimmt. Und zwar wird durch die Aufnahme von Licht in der Zwirbeldrüse die Bildung von Melatonin gedrosselt. Die geringere Melatoninfreisetzung löst in der Leber eine gesteigerte IGF-1-Produktion aus.
Damit nähern wir uns wieder unseren Themen Milch und Rinder/Kühe an.
Denn zur Steigerung der Milchproduktion macht man sich diesen Melatonin - IGF-1 - Mechanismus zu nutze.
Durch eine Verlängerung des Tages durch künstliches Licht – etwa 2 Stunden – bewirkt man, dass Kühe weniger Melatonin produzieren. Daraufhin schüttet die bovine Leber länger IGF-1 aus, woraufhin in der Milchdrüse, in der das im Blut zirkulierende IGF-1 wirkt, die Milchproduktion weiter läuft. Der Milchertrag einer Kuh lässt sich so um gut 10 % steigern.
Im Fachjargon hießt dies Tageslichtergänzungsbeleuchtung und wird als Lichtmanagement bezeichnet.
Für Kühe, die diesem Lichtmanagement ausgesetzt sind, bedeutet dies natürlich weiteren Leistungsstress und führt zum vorzeitigen Verschleiß.
Kühe reagieren auf Licht also sehr sensibel.
Inwieweit die menschliche Spezies ebenso sensibel reagiert bleibt nur zum Teil noch zu erforschen. Denn neben der o.g. Studie hat die Harvard-Universität in den letzten 10 Jahren viele Studien zu den gesundheitsschädlichen Wirkungen von dauerhaftem Schicht- und Wechseldienst und dem Ausgesetztsein unnatürlicher Lichtquellen veröffentlicht.
Die mediale Resonanz zu diesem Thema nimmt sich dem gegenüber eher bescheiden aus.
Was man bei Kühen aus ökonomischem Kalkül nutzt, ignoriert man beim Menschen - vermutlich aus demselben Grund!
Frankfurter Allgmeine Sonntagszeitung vom 11. Dezember 2003,
oder der gleiche Artikel in: Ärzte Zeitung vom 2. 2. 2004,
Milchpraxis 1/2002, S. 10 ff
British Journal of Cancer. 2004 Mar 8;90(5), S. 941-3
Medline PMID 14997186
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Medline PMID 15184249
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Medline PMID 19070424
Cancer Epidemiol Biomarkers Prev. 2009 Jan;18(1):74-9
Medline PMID 19124483
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Medline PMID 19649715
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Medline PMID 12070440
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Medline PMID 16499558
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Medline PMID 15000402
J Dairy Sci. 2000 Apr;83(4):885-93
Medline PMID 10791806
Letzte Änderung am 04.12.2011