Menschen, die unter Zöliakie (Glutenunverträglichkeit) leiden, sprechen häufig davon, auch Probleme mit Milch zu haben.
Die Standard-Erklärung ist die, dass aufgrund der Zöliakie-typischen Darmzottenatrophie die verschiedensten Enzyme zur Verstoffwechselung der Nahrung nicht mehr gebildet werden. So auch das Enzym Laktase, das den Milchzucker von Milchprodukten spaltet. Dadurch wird Milch nicht mehr im Dünndarm verdaut sondern gelangt in den Dickdarm, wo sie Darmkoliken, Durchfall und andere Symptome herbeiführt.
Erst nach langer glutenfreier Ernährung, wenn der Darm sich wieder regeneriert hat und die Enzyme der Darmmukosa wieder gebildet werden, wird auch die Milch wieder vertragen.
Es gibt aber häufig Zöliakiepatienten, die auf Dauer laktoseintolerant bleiben.
Andererseits ist bekannt, dass ein Teil derjenigen, bei denen zunächst eine Laktoseintoleranz (LI) diagnostiziert wurde, gleichzeitig unter einer Glutenunverträglichkeit leiden.
Letztes Phänomen wurde jetzt erstmals in Italien untersucht. Laktoseintolerante Patienten wurden nicht nur im Bluttest auf Zöliakie getestet, sondern auch mittels einer Dünndarmbiopsie.
Fast ¼ der LI-Patienten - 24 % - hatten gleichzeitig eine Zöliakie mit unterschiedlicher Schwere der Zottenatrophie.
Das Ergebnis hat offenbar auch die Wissenschaftler überrascht. Sie empfehlen alle laktoseintoleranten Patienten auf Zöliakie hin zu untersuchen, bevor mit einer Exklusionsdiät begonnen wird.
Digestion 2005 Mar 16; 71(2), S. 106-110 Medline PMID: 15775678
Kuhmilcheiweißallergie wurde bisher als funktionelle Störung beschrieben, die nicht mit einer Veränderung der Darmzotten einhergeht, wie das bei Zöliakie der Fall ist.
Zwei interessante finnische Studien haben jetzt die cow´s milk sensitive enteropathy (CMSE)= Kuhmilch sensitive Enteropathie (= durch Kuhmilch hervorgerufene, nicht entzündliche Erkrankung der Magen-Darmschleimhaut, z.B. durch Allergie auf Milchproteine) bezüglich Veränderungen in der Darmschleimhaut untersucht.
Danach blieben die Darmzotten bei CMSE zwar normal, jedoch zeigten sich im Duodenum (Zwölffingerdarm) ähnliche Zellveränderungen wie bei Zöliakie und die intestinale Immunantwort - ablesbar an bestimmten Markern - äußerte sich bei Zöliakie und CMSE auf gleiche Weise.
Journal of Pediatric Gastroenterology and Nutrition 2005 Mar; 40(3), S. 352-358 PMID: 15735492
Journal of Allergy and Clinical Immunology 2005 Jan; 115(1), S. 157-162 PIMD: 15637563
Osteoporose tritt häufig als Folge unerkannter Laktoseintoleranz und Zöliakie auf. Amerikanische Gastroenterologen (das sind die Darmspezialisten unter den Ärzten) haben dies nun auch wissenschaftlich in Bezug auf Zöliakie untersucht.
Wegen der erstaunlich hohen Rate an parallel auftretender Osteoporose und Zöliakie, schlagen sie ein Screening aller OsteoporosepatientInnen auf Zöliakie vor.
Außerdem stellten sie fest, dass allein durch die Behandlung der Zöliakie mittels glutenfreier Ernährung, die Knochendichte ihrer PatientInnen wieder schnell angestiegen ist. Schneller sogar als unter der üblichen Osteoporose Standardbehandlung.
Archives of Internal Medicine 2005, 165, S. 393-399, Medline PMID: 15738367
Da bleibt zu hoffen, dass der Zusammenhang zwischen Laktoseintoleranz, Milcheiweißallergie und Osteoporose bald auch einmal untersucht wird.
Charles Darwin litt 40 Jahre an Laktoseintoleranz und verschliss während dieser Zeit 20 Doktoren, die ihm nicht helfen konnten, so ein Aufsatz im Post Graduate Medical Journal 2005 Apr;81 (954), S. 248-251
Erst, nachdem er durch einen Zufall keine Milch und keine Sahne mehr zu sich nahm, besserte sich sein Zustand.
Die Autoren bemerken mit einiger Ironie, dass der Vater der Evolutionstheorie selbst noch nicht wissen konnte, welche herausragende Bedeutung die Laktose in der Evolution der Säugetiere und des Menschen gespielt hat.
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Morbus Parkinson (geändert)
Weitere Info´s zur Milch im Buch "Milch besser nicht".
Qualifizierte Informationen und Diskussionen zu Lebensmittelallergien gibt es im Lebensmittelallergieforum: www.lebenssmittelallergie.info
Letzte Änderung am 04.12.2011