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Hormone in der Milch?

Das Tabu bröckelt!

Milch und Hormone ist ein heißes Thema für die Wissenschaft und die Presseberichterstattung.

Dem entsprechend selten sind Veröffentlichungen zu dem Thema, seien es Wissenschaftliche oder Populärwissenschaftliche.

Der März 2009 bescherte eine der seltenen Ausnahmen.

Im amerikanischen Wissenschaftsmagazin Science News vom 28. März 2009 Vol.175(7), Seite 5 beschäftigt sich ein ganzer Artikel mit dem Problem. Neueste Studien und bekannte Onkologen und Endokrinologen beschreiben die gefundenen Zusammenhänge anhand ihrer Forschungsergebnisse der letzten Jahre.

Die Verfasserin des Artikels, Janet Raloff, titelt [eigene Übersetzung]:

"Wissenschaftler finden einen ganzen Haufen Verdachtsmomente bei der Untersuchung der Verbindung zwischen Milch und Krebs."

Ausgangspunkt ist eine schon lange überfällige Untersuchung von Supermarkt-Milchprodukten auf ihren Gehalt an Östrogenen, Androgenen und IGF-1.

Da Kühe während der Laktation durchweg gleichzeitig schwanger sind und Östrogen- und Estradiolspiegel während der Schwangerschaft erhöht sind, führt das dazu, dass im Verhältnis zu traditioneller Kuhhaltung, Milch heute erheblich höhere Hormonspiegel aufweist, als beispielsweise noch vor 100 Jahren.

Schon geringste Mengen an Östrogenen können das Wachstum von Tumoren anheizen.

Interessant ist deshalb, dass der Östrogengehalt der verschiedenen Milchprodukte stark variiert. Vollmilch enthielt die geringste Menge, Magermilch und Buttermilch die höchste. In allen Milchprodukten waren die meisten Östrogene durch die Bearbeitung chemisch etwas verändert, so dass sie weniger hormonell aktiv waren. Jedoch sind solche modifizierten, gebundenen Östrogene nicht dauerhaft inaktiv, sondern sie können sich jederzeit wieder in ihren biologisch aktiveren Zustand umwandeln.

Zwar hatte Magermilch die geringste Menge an freien Östrogenen und den höchsten an Gebundenen. Doch das Östrogenprofil der Magermilch wurde von dem modifizierten 2-HydroxyÖstrogen dominiert, das als eines der reaktivsten und gefährlichsten Östrogene überhaupt gilt. Seine Konzentration in Magermilch wurde nur noch von der in Buttermilch übertroffen.

Auch "männliche" Androgene sind in Milch reichlich vorhanden. Spezielle Androgene, die auch in Milch vorkommen, erhöhen die Zahl der Östrogenrezeptoren. Mehr Rezeptoren erlauben die Aufnahme von noch mehr Östrogenen. So können Androgene zu einem Mechanismus beitragen, der -via Östrogen- das Tumorwachstum beschleunigt.

Wenn eine Überlast Hormone den Körper überflutet, gibt es normalerweise Mechanismen, die dazu führen, dass die eigene Hormonproduktion gedrosselt wird. Ein solches Rückkoppelungssystem gibt es jedoch weder bei den Androgenen, noch bei den anderen Milchhormonen.

Weil Milch als Lebensmittel in der menschlichen Evolution so neu ist, hat sich bisher noch kein solches System entwickelt, das die Hormonladungen aus der Milch für die Menschen verträglich macht, so einer der interviewten Wissenschaftler.

Auch die Beziehung zwischen Milch und dem Insulinähnlichen Wachstumsfaktor 1 (IGF-1) – auch ein Hormon – wird beleuchtet, einer der "provokantesten Aspekte" der Milch-Story, so Janet Raloff.

Erhöhte IGF-1-Konzentrationen werden generell mit einem Krebsrisiko in Verbindung gebracht. Und in Milch ist nicht nur reichlich IGF-1 vorhanden, sondern Milchkonsum führt zu signifikant höheren IGF-1-Spiegeln im Blut von Erwachsenen und Heranwachsenden.

Normalerweise wird die IGF-1-Produktion und ihre Aktivität über das menschliche Wachstumshormon (hGH) gesteuert. Bekannt ist mittlerweile, dass z.B. im Brustgewebe IGF-1 das Wachstumshormon vollständig ersetzen kann, was bedeutet, dass es ohne den Signalgeber hGH das Zellwachstum stimulieren kann.

Obwohl gemeinhin das Brustwachstum mit Östrogen in Verbindung gebracht wird, ist es tatsächlich so, dass Östrogene alleine nichts bewirken können, solange kein IGF-1 vorhanden ist. Beide zusammen erst verstärken den Zellwachstumseffekt. Wissenschaftler konnten sogar zeigen, dass unter der Anwesenheit des einen, wenn ein Überfluss des jeweils anderen vorhanden ist, es zu einer abnormen Brustvergrößerung durch überbordende Zellteilung kommt.

Nach der Schilderung all dieser Zusammenhänge, kommt am Ende des Aufsatzes jedoch die Einschränkung, dass die natürlichen IGF-1-Spiegel der Menschen stark variieren, so dass Menschen mit niedriger IGF-1-Produktion, die gleichzeitig Milch konsumieren noch nicht an die IGF-1-Spiegel von Menschen mit hoher Eigenproduktion heran reichen.

Hier stellt sich natürlich die Frage in wie weit das beruhigen kann? Denn Milchproduktekonsum erhöht die IGF-1-Spiegel im Blut und das ist unphysiologisch sowohl für die, die niedrige als auch für die, die hohe natürliche IGF-1-Spiegel haben.

Die so offensichtlich untaugliche Argumentation hat natürlich einen anderen Grund als den Vorgeblichen. Harte Fakten in Sachen Milch und Hormone sind schmerzhaft. Denn nach der hervorragenden Zusammenfassung der Studien und der nicht einfachen Darstellung der Zusammenhänge, wäre das Abraten vom Milchproduktekonsum die logische Folge. Das aber wäre der absolute Tabubruch, um den sich die Autorin und die Wissenschaftler noch drücken.

Angesichts dieser Studienergebnisse denken wir, dass die Aufforderung unserer Agrarministerin und ihrer Länderkollegen an die Bevölkerung, mehr Milchprodukte zu konsumieren - als Unterstützung für die Milchbauern gedacht - als unverantwortlich bezeichnet werden kann.

Auf folgende zwei Seiten möchten wir noch hinweisen; „Sexualhormone in der Milch“ und „Hormone in der Milch und durch Kaffee

Letzte Änderung am 04.12.2011

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