Wenn Menschen ihre Arbeit verlieren, ist das nie schön, egal ob es die Milchbauern oder die MitarbeiterInnen der CMA (Centrale Marketing-Gesellschaft der Agrarwirtschaft) und der ZMP ( Zentrale Markt- und Preisberichtsstelle der Agrarwirtschaft) trifft.
Aber die Dinge liegen nun einmal so, was bedeutet, dass die Betroffenen sich umorientieren müssen.
Betrachtet man die Milchberichterstattung der letzten Monate, so kommt man nicht umhin zu konstatieren: Die Milch war häufig in aller Munde, aber nicht mit Positivmeldungen, sondern mit Negativschlagzeilen. Milch und ihr ganzes Drumherum scheint eine zusehens sich verdunkelnde Masse aus hartnäckigen, zähen und schier unlösbaren Problemen zu sein. Irgendwie ist der Wurm drin aber keiner will`s wahr haben.
Betrachten wir einmal die schlagzeilenträchtigen Vorgänge, die vordergründig nichts miteinander zu tun zu haben scheinen.
– Milchpreis-Hausse.
– Milchstreik der Bauern wegen zu erwartender niedrigerer Milcherzeugerpreise.
– Beginn des Preisverfalls für Milchprodukte.
– Der Baby-Milchskandal in China wird öffentlich.
– EU-Milchquotenausweitung mit steigenden Milchmengen und weiterem Preisverfall als Folge.
– Ein EU-Milchfonds wird ins Leben gerufen um die kleineren Bauern zu unterstützen, genaues blieb unbekannt.
– die Erzeugerpreise fallen ins Bodenlose. Im Mittel werden noch 27 Cent/kg bezahlt, vielerorts nur mehr 24 bis 26 Cent.
– Angeregt durch die Verbraucherzentrale Hamburg beginnt eine öffentliche Diskussion über ESL-Milch (extended shelf life), bzw. über das Verschwinden der Frischmilch aus den Supermärkten. Dabei fällt auf, dass die korrekte Übersetzung von ESL, nämlich "längeres Regalleben" nirgendwo ausgesprochen wird.
– Das Bundesverfassungsgericht entscheidet, dass das Absatzfondsgesetz mit dem Grundgesetz nicht vereinbar ist. In der Folge werden die Bauern von den Abgaben an den Absatzfonds befreit und CMA und ZMP können nicht mehr finanziert werden. Beide Gesellschaften sind jetzt in Auflösung begriffen.
Dümmliche und sexistische Werbung auf Kosten von Bauern und Steuerzahlern, womit die CMA in den letzten Jahren besonders aufgefallen ist, wird es also in Zukunft nicht mehr geben.
Die Agrarinformationen, die die ZMP zusammengefaßt, aufbereitet und veröffentlicht hat, werden zukünftig zwar fehlen, können aber aus anderen Quellen ersetzt werden. Die Statistiken der EU und des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) seien hier genannt.
– Die EU beschließt das Regime der Marktintervention auf dem Milchsektor wieder einzusetzen. Das bedeutet, dass es wieder Exportsubventionen für Milchprodukte, besonders Magermilchpulver gibt, was zu einem Sturm der Entrüstung bei kleineren Milchbauern und NGO`s (Nicht-Regierungs-Organisationen) geführt hat, die zu Recht befürchten, dass damit niemandem gedient sein wird. Die Entwicklungsländer werden erneut mit billigem Milchpulver überschwemmt, was ihre heimischen Bauern in Existenznöte bringt und in Europa werden die Milcherzeugerpreise trotzdem nicht steigen. Eher ist ein weiteres Fallen zu befürchten.
Wie zum Beweis dessen, hat
– der neuseeländische Milchmulti Fonterra im Februar 2009 seine Milchpreise von 20 auf 17 Cent/kg gesenkt. Fonterra ist einer der größten Milchhersteller und -händler auf dem Weltmarkt und beherrscht den gesamten asiatischen Raum. Da die Milcherzeugerpreise in Neuseeland erheblich niedriger liegen als in der EU, bestimmt diese Firma maßgeblich den Weltmarktpreis für Milchprodukte. Fonterra hat ausdrücklich ihre Preissenkung mit den neuen EU-Exportsubventionen begründet, die die labile Lage auf den Milchmärkten noch verschärfen würden.
– Die Interventionspolitik der EU hat das Gegenteil von dem bewirkt, was sie vorgab erreichen zu wollen: Wir befinden uns trotz Exporterstattung für Milchpulver in einer Abwärtsspirale beim Milchpreis.
Zu allem kommt hinzu, dass trotz mancher Jubelmeldung über den angeblichen Gesundheitsnutzen von Milchprodukten die Nachrichten über Gesundheitsschäden durch Milchkonsum nicht abreißen.
Medline PMID: 19232475
Immer mehr Menschen sind sich z.B. des Problems der Milchzuckerunverträglichkeit bewußt und stehen Milchkonsum kritischer gegenüber als früher. Diesbezüglich ist in den letzten 10 Jahren großes an Aufklärungsarbeit geleistet worden.
Es sollten sich alle am Milchgeschäft Beteiligten fragen, ob diese Milchproduktion bei abnehmender Bevölkerung und steigenden Zahlen an Milchzuckerunverträglichen beibehalten werden kann?
Aus der Milchproduktion auszusteigen oder auf Bio umzusteigen mag ein schwerer Schritt sein, ihn rechtzeitig getan zu haben, aber der Beste.
Letzte Änderung am 04.12.2011