Bekanntlich werden Mais und Zuckerrüben zur Produktion von Bioethanol eingesetzt. Wenig bekannt ist, dass in Europa zusätzlich Weizen und Gerste zu diesem Zweck in großem Umfang — quasi — zweckentfremdet werden.
Aus Bioethanol wird Bio–Sprit hergestellt, in Europa also auch aus Weizen und Gerste.
Die Bioethanolproduktion sollte ursprünglich nicht in Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion stehen. Nur Böden und Pflanzen, die außerhalb der Nahrungskette hätten genutzt werden können, sollten für die Ethanolproduktion zur Verfügung stehen. Das war die Grundidee und was daraus geworden ist, lässt jeden aufrechten Natur– und Umweltfreund erschaudern.
Dass die Weltmarktpreise für Weizen auch deshalb gestiegen sind, weil wir ihn u.a. zur Fütterung unserer Autotanks einsetzen, ist noch nicht richtig ins allgemeine Bewusstsein gesackt. Einige reiben sich verwundert die Augen und fragen noch zaghaft: Kann denn Bio schlecht, sprich unmoralisch sein?
Die einfache Antwort heißt in diesem Fall: Ja!
Das Beispiel „Weizen fü Bio–Sprit“ zeigt deutlich, wie der Bio–Gedanke pervertiert werden kann.
Neben diesem grundsätzlichen Problem entsteht ein zugegebenermaßen kleineres Neues, von dem hier die Rede sein soll.
Denn im Gegensatz zu den anderen „nachwachsenden Rohstoffen“ Mais und Zuckerrüben sind Weizen und Gerste glutenhaltig. Die Bioethanolerzeugung aus diesen Getreiden erzeugt ein besonderes Abfallproblem, es verbleiben als Reste große Mengen Gluten übrig.
So wie die enorme Käseproduktion zu riesigen Molkemengen und damit Milchzuckerbergen geführt hat, fallen bei der Ethanolerzeugung die Eiweiße des Getreides aus, die sich zu Hunderttausenden von Tonnen überflüssigem Gluten anhäufen und nach einer Verwendung suchen.
Wie im Falle von Molke und Milchzucker bietet sich als Abfallentsorgung der menschliche Darm an.
Zwar werden aus den — offiziell so genannten Nebenprodukten — hauptsächlich Futtermittel hergestellt, die lassen sich aber nur billig vermarkten. Gluten für die Lebensmittelindustrie bringt mehr Profit. So kommt es, dass die Hersteller von Bioethanol möglichst viel Gluten in der Nahrungsmittelindustrie los werden wollen. Dazu wird ihr Gluten als funktionelles Weizenprotein beworben, das „… zur Standardisierung von Weizenmehlen in der Backwarenindustrie…“eingesetzt werden kann.
Ähnlich wie Milchzucker bindet es Wasser, so dass Brote und Teigwaren, insbesondere Körnerbrote, mehr Wasser speichern können als normal. So kann man die Teigausbeute steigern und spart das im Verleich zu Gluten teurere Getreide. Bei Ceralien– und Nudelproduktion geht man vergleichbar vor und überall in Fertignahrung kann man mit Gluten den Eiweißgehalt des Produkts erhöhen und/oder minderwertiges Eiweiß zusammenkleben.
Bestens mit Gluten versorgt, das vor 100 Jahren nur in viel geringerem Umfang als heute in unserer Ernährung vorhanden war, stellt es nun eine Gefahr für alle diejenigen dar, die nur geringe Mengen Gluten tolerieren. Das sind weit mehr als die offiziellen Zöliakiezahlen anzeigen.
Mehr Gluten in unserer Nahrung bedeutet daher letztlich, mehr Zöiakiepatienten — Dank europäischem Bio–Sprit!
Weiterführende Informationen über Zöliakie bei der Deutsche Zöliakie-Gesellschaft e.V
Letzte Änderung am 04.12.2011