Am Anfang war das Gen, das keine Laktase beim erwachsenen Homo sapiens produzierte und dann, mit der sogenannten Neolitischen Revolution, mit Ackerbau und Viehzucht, traten Gene auf den Plan, die sich vermutlich innerhalb weniger Generationen stark verbreiteten. Mit Hilfe dieser Genmutationen war es immer mehr Menschen möglich den Milchzucker von Tiermilch auch als Erwachsene zu verdauen. Insbesondere in Nordeuropa setzte sich die Mutation fest und hat es bis heute geschafft, dass die Mehrheit der nordeuropäischen Bevölkerung Milchzucker verträgt. Andere Weltregionen sind von diesen Mutationen nur sporadisch erfasst worden und nicht so überwiegend „laktasepersistent“ wie wir. So sind immerhin ca. 80 % der Weltbevölkerung laktoseintolerant.
Noch vor 5000 Jahren war so gut wie niemand auf diesem Globus, laktasepersistent. Das änderte sich langsam mit der beginnenden Bronzezeit. Noch im Mittelalter war der größte Teil der europäischen Bevölkerung laktoseintolerant.
Wer, wann und wo laktosetolerant, bzw. laktasepersistent wurde, ist eine äußerst faszinierende Fragestellung. Die hat seit ein paar Jahren auch die Universitäten erreicht, seit die EU sich für dieses Thema interessiert und Gelder bereitstellt. Das ist gut so, denn anhand der Laktasegene kann anthropologische Forschung betrieben werden. Die frühen Besiedlungen Europas, woher wir kommen, wohin wir gingen, welche Nutztiere wir wann wohin mitgenommen haben, all das gilt es systematisch zu erforschen. Kein leichtes Unterfangen, aber wohl auch nicht unmöglich.
Ab und zu werden in wissenschaftlichen Zeitschriften Teilergebnisse veröffentlicht. So auch wieder im August diesen Jahres in der Zeitschrift Nature. Enthusiastisch wird die bekannte Genmutation als „milk revolution“ gefeiert. Wie die Milchwirtschaft sich über Europa ausgebreitet hat und ob und wie sie mit der Laktasepersistenz einher ging, ist zwar noch immer nicht geklärt, aber ein paar Puzzelstücke sind erkannt.
Warum gerade in Nordeuropa ein weltweit einzigartiger, starker Selektionsdruck in Richtung Laktasepersistenz vorhanden gewesen sein muss und in welchem Zeitrahmen er sich abspielte, darauf gibt es aber bedauerlicherweise immer noch keine ausreichende Antwort.
Wir hoffen, dass diesbezüglich Fachdisziplin übergreifend weiter geforscht wird.
Letzte Änderung am 30.09.2013