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Die andere Sicht auf den Milchskandal in China

Seit Mitte September geht´s hoch her im internationalen Blätterwald. Die Welt hat ein Thema, das alle angeht, ein globales Thema sozusagen, über das jeder reden kann:

Der chinesische Babymilchskandal

Nach offiziellen Angaben sollen insgesamt etwa 53.000 Kinder erkrankt sein.

4 Babys sind bisher an Nierenversagen gestorben, mehr als 13.000 mussten mit Nierenproblemen ins Krankenhaus und einige Hundert sind schwer erkrankt. Die WHO (Weltgesundheitsorganisation) hat sich eingeschaltet.

Wir wissen jetzt alle, was es mit Melamin auf sich hat.

Melamin ist ein weißes, geruch- und geschmackloses Pulver, ein billiger Industrieabfall, der zur Herstellung von Kunstharzen, Plastik, Klebstoffen und in Düngemitteln(!) verwendet wird.

Zum menschlichen Verzehr ist er nicht geeignet. Größere Mengen führen zur Bildung von Nierensteinen.

Melamin ist reich an Stickstoff und das wurde den Babys zum Verhängnis. Denn um den Proteingehalt einer Substanz wie Milch festzustellen, wird nicht der Proteingehalt an sich gemessen, was zu aufwendig und teuer wäre, sondern der Stickstoffgehalt. Da Eiweiß Stickstoff enthält, misst man diesen und schließt daraus auf den Eiweißgehalt. Das ist übrigens weltweit so.

Da der Preis von Tierfutter und Lebensmitteln sich häufig nach dem Nährstoffgehalt richtet, der sich wiederum hauptsächlich an dem Proteingehalt ausrichtet, kann mit Zusatz von Melamin ein hoher Eiweißgehalt vorgetäuscht werden.

An dieser Nahtstelle liegt also eine wunderbare Manipulationsmöglichkeit, die sich in bares Geld umwandeln lässt.

Und so kommt es, dass chinesische Futter- und Lebensmittel flächendeckend mit Melamin verseucht sind. Denn das melaminverseuchte Babymilchpulver war nur der grobe Ausrutscher einer gängigen und seit Jahren geübten Praxis, Tiernahrung und Lebensmittel, insbesondere Milch aber auch Getreide, mit Melamin zu strecken. Niemand dachte sich mehr etwas dabei und ein großer Teil der Anwender wusste wahrscheinlich gar nicht, das es sich um eine gesundheitsschädliche Praxis handelt. Denn geringe Dosen Melamin sind nicht offensichtlich gesundheitsschädlich, erhöhen jedoch den Profit der Unternehmen ungemein.

Hier offenbart sich das ganze Dilemma der industriellen Lebensmittelproduktion: Die Dosis macht das Gift. Ein Gift in geringen Dosen ist nirgendwo auf der Welt als solches krankheitsverursachend nachweisbar. Und so kann man geringe Dosen einer billigen unverträglichen Substanz einem Produkt zuführen, ohne aufzufallen und den teuren Bestandteil entfernen und anderweitig verkaufen. So werden luktrative Zusatzgeschäfte gemacht.

Dagegen hilft nur ein engmaschiges staatliches Kontrollsystem, an dem es aber auf der ganzen Welt hapert, nicht nur in China. Die ständigen Versuche der industriellen Nahrungsmittelproduzenten teure Inhaltsstoffe durch preiswertere zu ersetzen ohne dass die Kunden dies merken, ist ein globales Phänomen und tritt nur dann ans Tageslicht wenn`s einer mal wieder kräftig übertrieben hat. Und das sehen wir zur Zeit in China mit Babys Milchpulver.

Der eigentliche Skandal, dass China in den letzten Jahren mehrfach mit melaminverseuchtem Futtermittel und Getreide aufgefallen ist und dass der Melaminzusatz in Tiernahrung, Getreide und Milchprodukten seit Jahren gängige Praxis ist, womit ein großer Teil der chinesischen Bevölkerung als melamingeschädigt gelten kann, geht unter. Dieser Aspekt müsste dringend von der WHO untersucht werden.

Ein anderer pikanter Aspekt des Skandals ist die Offenlegung der Milchproduktion in China.

Seit Jahren häufen sich die Jubelmeldungen über den steigenden Milchverzehr der Chinesen in hiesigen Presseverlautbarungen und die vermuteten Zahlen werden immer höher.

Hat ein Chinese - statistisch gesehen - in 1980 etwa 1 kg Milchprodukte im Jahr verzehrt, so sollen es in 2007 schon 26 kg gewesen sein. Im internationalen Vergleich mit Milchländern ist das immer noch wenig, z.B. Deutschland pro Kopf und Jahr ca. 140 kg. Trotzdem muss bei dem noch immer relativ geringen Milchkonsum der Chinesen gefragt werden, wieso eine durchweg laktoseintolerante Bevölkerung soviel Milchprodukte verträgt?

Die Antwort ist: auch hier macht die Dosis das Gift.

Geringe Mengen werden offensichtlich auch von Chinesen ohne größere Probleme kurzfristig vertragen. Und nur geringste Mengen Milchinhaltsstoffe sind es, die sie in ihren angeblichen 26 kg Milch pro Kopf wiederfinden.

Der Milchskandal förderte nämlich folgende Milchgewinnungspraxis zutage:

Die Bäuerinnen bringen ihre Kühe 2 mal am Tag zur Milchsammelstelle, wo die Kühe gemolken werden. Sie melken nicht selbst, sondern das übernimmt der Betreiber der Milchsammelstelle, der meist mit der Molkerei direkt oder indirekt verbunden ist. Die Bauern werden für die ermolkene Rein-Milch bezahlt, während der Hersteller durch Zusatz von Wasser, Sojaprotein, Fettöl, Molkepulver, Dextrin, Natriumcitrat, Wasserstoffperoxid (um die Bakterienvermehrung zu unterdrücken), Melamin und anderen Substanzen die etwa sechsfache Milchmenge billig zusammen pascht. So werden z.B. aus 500 kg Rein-Milch 3000 kg Pansch-Milch. Diese Pansch-Milch wird zu Joghurt, Eis, Süßigkeiten, Milchpulver etc. umgearbeitet.

Die wunderbare Milchvermehrung der letzten Jahre in China ist also nichts weiter als eine künstliche Vermehrung durch gestreckte Milch. Die tatsächliche chinesische Milchproduktion ist also längst nicht in dem Umfang gestiegen wie der Konsum von Milchprodukten Glauben macht.

Das lässt uns letztlich zu dem Schluss gelangen, dass die laktoseintoleranten Chinesen Rein-Milchprodukte gar nicht vertragen würden und der Milchboom in China auf der für sie "verträglicheren" gestreckten Milch beruht, abgesehen vom Melamin selbstverständlich.

Letzte Änderung am 04.12.2011

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