Wissenschaftlich am umfassendsten und nachhaltigsten ist der Zusammenhang zwischen Diabetes und Milchkonsum in den letzten 15 - 20 Jahren in Finnland und Kanada erforscht worden.1
Danach gilt es als gesichert, dass Kuhmilchkonsum im Babyalter und früher Kindheit das Risiko an juvenilem Diabetes Typ I zu erkranken erheblich erhöht. Entsprechende Studien sind aus fast allen Milchländern von diversen Universitäten und Forscherteams, mit immer ähnlichem Ergebnis durchgeführt worden. Nur US-amerikanische Studien findet man selten und wenn, weisen sie die Milch-Diabetes Studien anderer Länder gerne pauschal zurück, ohne dem jedoch eigene Forschung entgegenzusetzen2. Aber auch in den USA diskutiert man den Milch-Diabetes-Zusammenhang, so dass sich der nationale amerikanische Milchrat (national dairy council) bemüßigt gesehen hat, ein langes Essay dazu ins Internet zu stellen3. Obwohl die Milch-Diabetes-Verbindung als nicht existent dargestellt werden sollte, ist sie eher bestätigt als widerlegt worden. Als kleinsten gemeinsamen Nenner erkennen sogar amerikanische Wissenschaftler an, dass viele Patienten mit Autoimmunerkrankungen und höherem Diabetesrisiko, erhöhte Antikörperwerte gegenüber spezifischen Kuhmilchproteinen aufweisen4. Deutsche Studien zum Milch-Diabetes-Zusammenhang haben ebenfalls Seltenheitswert und noch immer wird auch bei uns so getan, als sei eine Verbindung zwischen Milchkonsum und Diabetes reine Spekulation.5
Für den Milch-Diabetes-Zusammenhang hat man im Prinzip folgende Erklärung:
Bestimmte Molkeneiweiße (Serumalbumin und beta-Lactoglobulin), aber auch bestimmte Kaseine gelten als Substanzen, die Immunreaktionen auslösen und dadurch das Risiko an Diabetes Typ I zu erkranken erhöhen. Z.B. das bovine Serumalbumin ähnelt einem in der Bauchspeicheldrüse gebildeten menschlichen Eiweiß, das bei der Insulinproduktion eine Rolle spielt. Wird das Kleinkind nun mit Kuhmilch gefüttert, entwickelt es Antikörper gegen die fremden Eiweiße. Die Antikörper, die es gegen das bovine Serumalbumin entwickelt, richten sich gleichzeitig gegen das eigene Bauchspeicheldrüseneiweiß, weil vermutlich die Antikörper das bovine nicht von dem menschlichen Eiweiß, unterscheiden können. Auf diese Weise könnte die Autoimmunreaktion des juvenilen Diabetes in Gang gesetzt oder gefördert werden6. Offensichtlich ist die Nahrungsaufnahme im Kleinkindalter für das spätere Risiko zu erkranken sehr entscheidend, was damit zu tun haben dürfte, dass Darm und Bauchspeicheldrüse erst Monate nach der Geburt voll funktionsfähig sind und vorher auf artfremde Eiweiße besonders kritisch reagieren.
Was auch immer die wissenschaftlichen Forschungen weiter ergeben mögen, Tatsache ist, dass Milch seit gut 15 Jahren ein sehr verdächtiges Lebensmittel im Zusammenhang mit Diabetes ist.
Epidemiologische Betrachtungen
Finnland - Spanien (Jahr 1999)
Pro-Kopf-Verbrauch in kg | Finnland | Spanien |
---|---|---|
Frischmilcherzeugnisse | 223,9 | 111,9 |
Sahne | 6,2 | 2,0 |
Butter | 4,9 | 1,0 |
Käse | 17,0 | 8,9 |
Kondensmilch | 1,3 | |
Gesamt | 252,0 | 125,1 |
Finnland hat mit den höchsten Milch/-produktekonsum und gleichzeitig die höchsten Diabetesraten weltweit. Spanien gehört zu den EU-Ländern mit dem niedrigsten Milch/-produktekonsum und hat eine der niedrigsten Diabetesraten. Schon seit Beginn der 90er Jahre weiß man, dass parallel zum steigenden Milchkonsum in einem Land, die Diabetesraten ebenfalls ansteigen.
Aus medline die Kurzfassung:
Diabetes Care 1991 Nov;14(11):1081-3
Relationship between cows' milk consumption and incidence of IDDM in childhood.
Dahl-Jorgensen K, Joner G, Hanssen KF.
Aker Diabetes Research Center, Aker University Hospital, Oslo, Norway.
OBJECTIVE: To compare age-standardized incidence rates of diabetes in children 0-14 yr of age and cows' milk consumption in various countries.
RESEARCH DESIGN AND METHODS: Ecological correlation study. Only incidence rates from diabetes registries carefully validated by the Diabetes Epidemiology Research International Study Group were used-Finland, Sweden, Norway, Great Britain, Denmark, United States, New Zealand, Netherlands, Canada, France, Israel, and Japan. Data on fluid cows' milk consumption in corresponding countries were obtained from the International Dairy Federation.
RESULTS: Correlation between milk consumption and incidence of insulin-dependent diabetes mellitus (IDDM) was 0.96. The data fit a linear regression model, and analysis showed that 94% of the geographic variation in incidence might be explained by differences in milk consumption.
CONCLUSIONS: The results support the hypothesis that cows' milk may contain a triggering factor for the development of IDDM.
PMID: 1797491 [PubMed - indexed for MEDLINE]
Eine verständliche Zusammenfassung der wissenschaftlichen Forschung zu Milch-Diabetes bietet: John McDougall
1Exemplarisch z.B.: Virtanen u.a. in: Diabetologia 1994 Apr; 37(4), S. 381 ff und Karjalainen u.a. in Scandinavian Journal of Immunology 1994 Dec.; 40(6), S. 623ff Zurück
2Bodington in Diabetic Medicine : A Journal of the British Diabetic Association 1994 Aug-Sept; 11(7), S. 663-665 und Atkinson in: Journal of the American College of Nutrition 1997 Aug; 16(4), S. 334-340 Zurück
3die Stellungnahme der US-Milchindustrie zu Milch-Diabetes Zurück
4Atkinson u.a. in: The New England Journal of Medicine 1993 Dec,; 329(25), S. 1853- 1858 Zurück
5ÖKO Test 9/2001, S. 18 Zurück
6Karjalainen u.a. in: The New England Journal of Medicine 30. Juli 1992; 327 (5), S. 302 ff Zurück
Letzte Änderung am 04.12.2011